NEIN zum Ausbau der A 49

Kosten-Nutzen-Analyse
Die Notwendigkeit und der Nutzen von Fernstraßenprojekten wird durch eine Kosten-Nutzen-Analyse ermittelt. Durchschnittlich besitzen Projekte des vordringlichen Bedarfs einen Wert von 5,2, die Grenze, um dieser Bedarfskategorie zugeordnet zu werden liegt bei >3. Der für die A 49 ermittelte Wert betrug 3,9 und lag damit nur schwach darüber. Schon drei Jahre nach diesen Berechnungen waren die Baukosten um über 50 % gestiegen, so dass auch der Nutzenfaktor inzwischen unter den Wert 3 gefallen sein dürfte, der Nutzen des Ausbaus damit als gering einzustufen wäre. Eine Neuberechnung ist allerdings nicht erfolgt und an dem Ausbau der A 49 wurde festgehalten. Die Bundesregierung muss sich fragen lassen, welche Projekte des vordringlichen Bedarfs des Bundesverkehrswegeplanes überhaupt den in der Kosten-Nutzen-Analyse ermittelten Wert >3 nicht erreichen? Um diese Frage zu klären soll, nach Ansicht der anwesenden Grünen PolitikerInnen, die Grüne Bundestagsfraktion eine Anfrage im Bundestag einbringen.

Die Berechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses betrachtet den gesamten Abschnitt Bischhausen - Reiskirchener Dreieck (A 5). Wie das Nutzen-Kosten-Verhältnis für den reinen Bau der A 49 (Bischhausen - Gemünden/Felda) aussieht, bzw. ob es darüber überhaupt eine Berechnung gibt, ist unbekannt.

Das Instrument der Kosten-Nutzen-Analysen ist allgemein zweifelhaft. Ihre Berechnung muss dringend von unabhängigen Wissenschaftlern untersucht werden, denn selbst Nichtfachleuten wird bei der Lektüre der Berechnungsmaßstäbe deutlich, dass diese entscheidende Grundlage für Milliardeninvestitionen im Verkehrsbereich äußerst fragwürdig ist. Einer der Kritikpunkte ist z.B. die Einbeziehung der Beschäftigungseffekte aus dem Bau. Hier werden grundsätzlich Gesamtbeschäftigungseffekte von „2.350 Mannjahren" pro „100 Millionen Euro Investitionsvolumen" angesetzt. Zwischen sinnvollen und höchst problematischen Projekten kann somit in diesem Punkt nicht unterschieden werden. Deshalb ist dieser Aspekt auch funktionslos für die Gewichtung von Projekten. Mit jeder Kostensteigerung (die negativ zu Buche schlägt) ist danach auch eine Steigerung der Gesamtbeschäftigungseffekte verbunden (die positiv berechnet wird).

Umweltaspekte können monetär nicht oder nicht zuverlässig berechnet werden und somit auch nicht in die Nutzen-Kosten-Berechnung einfließen. Mit ihnen befasst sich z.B. die Umweltverträglichkeitsstudie. Wegen der Schwere der Auswirkungen wurde im Fall der A 49 von Gutachtern, die mit der Umweltverträglichkeitsstudie vom Land Hessen beauftragt worden waren, empfohlen (was äußerst ungewöhnlich ist), die Autobahnpläne aufzugeben. Dieses Fazit hat der damalige Hessische Wirtschaftsminister Klemm der Öffentlichkeit vorenthalten. Er verlangte vertiefende Untersuchungen zur Erstellung eines Korridors für die A 49.

 

Auswirkungen auf die Wohnbevölkerung
Zur Auswirkung der A 49 auf die Wohnbevölkerung heißt es im Projektdossier zur A 49 (HE 5012), dass die Belastungswirkung der A 49 größer ist als die Entlastungswirkung entlang bestehender Straßen. Im Einzelnen wurden Be- und Entlastungen entlang bestehender Straßen in den Planfeststellungsunterlagen vorgelegt, wobei sich die angegebenen Belastungszahlen für die einzelnen Abschnitte (VKE 20, VKE 30 und VKE 40) widersprechen. Das Hauptergebnis ist aber einsichtig: Parallel zur A 49 verlaufende Strecken (B 3 und B 454 ) würden in der Regel entlastet, Zubringer (z.B. durch Treysa, durch Stadtallendorf, durch Homberg/Ohm) würden belastet. Zudem sind parallele Strecken potentielle Ausweichstrecken bei einem Stau auf einer Autobahn. Es würde keine Entlastung der Bundesstraße 254 (A 49 - Schwalmstadt - Alsfeld) erfolgen. Dies ist eines der beiden Ziele, mit denen der Bund den Bau der A 49 begründet hat.

Ein Grundproblem der Bewertung ist, dass Be- und Entlastungen in den Planfeststellungsunterlagen nicht in Bezug zur Anzahl der an den betroffenen Straßen wohnenden Menschen gesetzt und damit in ihrer Bedeutung nicht (ausreichend) einschätzbar sind.

 

Einsparung von Kraftstoff
Das immer wieder genannte Argument, dass die Verkürzung der Verkehrsbeziehung durch den Bau einer A 49 Kraftstoff einspare und somit zu einer C02-Reduzierung führe, bedarf dringend der Überprüfung: Die bisherige Strecke (A 7 - A 5) würde nach Ausweis der Kilometerangaben auf Straßenkarten durch die A 49 lediglich um 6 Kilometer verkürzt. Diese Grundinformation ist in den Planfeststellungsunterlagen nicht enthalten.

Ca. 23.500 Fahrzeuge, die sich von A 7 l A 5 auf die A 49 verlagern würden, hätten, da sie sechs Kilometer kürzer fahren würden, einen geringeren Kraftstoffverbrauch. Andererseits würden nach den Planfeststellungsunterlagen geschätzte 1.500 Fahrzeuge auf dem 86 km langen Abschnitt der A 49 und Teilstrecken des untergeordneten Straßennetzes zusätzlich verkehren (induzierter Verkehr). Ein Vergleich ergibt, dass sich beide Werte neutralisieren. Ob bei dem induzierten Verkehr schon der Straßenverkehr enthalten ist, der sich durch Verlagerung von der Main-Weser-Bahn auf die Straße ergibt, wird aus den Unterlagen nicht klar. Möglicherweise kommt er noch hinzu. Dass auch von Seiten des Bundes eine entsprechende Bewertung vorliegt, hat sich bei einer kürzlichen Lektüre der Kurzfassung der Nutzen-Kosten-Analyse zur A 49 ergeben. Danach rechnet man mit einer geringfügigen Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs beim Bau der A 49 gegenüber dem Vergleichsfall.

Die wichtige Frage, ob die über weite Strecken parallel zur A 49 verlaufende Main-Weser­Bahn durch Ausbau / Modernisierung / Einsatz von Flächentrailern (bei Betrieben in Stadtallendorf und Treysa) nicht das Potential hätte, einen tatsächlichen Beitrag zur Energieeinsparung zu leisten, ist nicht geprüft worden.

 

Schaffung/Sicherung von Arbeitsplätzen
In den Planfeststellungsunterlagen werden aus gutem Grund zu Auswirkungen auf Arbeitsplätze keine Aussagen gemacht aber es gibt unterschiedliche Untersuchungen zu diesem Thema: Schon 1979 wies Horst Lutter von der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung in einer Untersuchung „Räumliche Wirkungen des Fernstraßenbaus" darauf hin, dass nach Vergleichsuntersuchungen von Erwartungen vor dem Bau einer Autobahn und Nachuntersuchungen sich gezeigt habe, dass neue Autobahnen raumordnerisch häufig kontraproduktiv seien. In dem Expose „Volkswirtschaftlicher Nutzen des Straßenbaus" wird in allgemeiner Form davon gesprochen, dass „eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen" „vielfach positive Effekte" „speziell für den Bereich Straßeninfrastruktur" „nachgewiesen" hätten. Der Begriff „Sicherung" oder „Schaffung von Arbeitsplätzen" taucht allerdings an keiner Stelle auf. Die Agentur für Arbeit Marburg-Treysa, in deren Bereich keine Autobahn liegt, hatte, solange ich die veröffentlichten Zahlen überprüfen konnte, nie eine Arbeitslosenzahl, die über dem hessischen Durchschnitt lag. Die mit Autobahnen ausgestatteten Bereiche der Arbeitsagenturen Offenbach, Gießen und Kassel lagen immer über den Arbeitslosenzahlen der Marburger Agentur. In einem Interview mit der Marburger Neuen Zeitung erklärte der Verkehrswissenschaftler Prof Gather von der Fachhochschule Erfurt, dass nach seinen Untersuchungen keine positiven Auswirkungen auf Arbeitsplätze durch den Autobahnbau zu erkennen waren. Die Dissertation von Jörg Fittkau, die sich mit möglichen Auswirkungen der geplanten A 49 auf den Einzelhandel befasst, erwartet u.a. eine Schwächung des Einzelhandels in Schwalmstadt und Stadtallendorf.

 

Abschnittweiser Bau
Die A 49 ist in drei Verkehrskosteneinheiten (VKE 20: Bischhausen-Treysa, VKE 30: Treysa - Stadtallendorf und VKE 40: Stadtallendorf - GemündenlFelda) eingeteilt. Nach Aussage der Hessischen Landesregierung soll (entgegen ursprünglich anderslautender Äußerungen) nach Unterzeichnung des Planfeststellungsbeschlusses und der Bereitstellung der Gelder durch den Bund auch abschnittsweise gebaut werden.

In diesem Zusammenhang haben die Marburger Stadtverordneten den Magistrat einstimmig aufgefordert, alles zu unternehmen, damit der Verkehr von der A 49 nicht durch Marburg geführt wird (s. frühere Forderungen der Stadt Kirtorf, Marburg-Variante der Fa. Regio­Consult, kurzzeitige Überlegungen des Leiters des Hessischen Landesamts für Straßen- und Verkehrswesen).

Wegen der naturschutzfachlichen Belange werden einer Klage gegen die A 49 im Bereich der VKE 40 die größten Aussichten eingeräumt. Es ist davon auszugehen, dass es zu einer solchen Klage kommt.

Bei einem Bauende bei Stadtallendorf würde der Verkehr dann tatsächlich durch Marburg und den Ebsdorfer Grund weiterlaufen. Wegen der Tal-Lage beider Strecken ist es übrigens wahrscheinlich, dass auch bei einem Durchbau der A 49 nicht unbeträchtliche Verkehrsanteile die A 49 bei Stadtallendorf verlassen würden.

Es ist momentan nicht zu erkennen, dass sich Marburg dafür einsetzt, dass die A 49 rechtlich insgesamt abgesichert sein muss, bevor ein Weiterbau ab Bischhausen infrage kommt. Auch Stadtallendorf fordert die Sicherheit eines Durchbaus der A 49. Für das aktuelle Verhalten gilt das zu Marburg Gesagte.

Aus Sicht der Planer kann einem Abschnitt bis Stadtallendorf ein eigener Verkehrswert zugesprochen werden, weil ja eine Fortsetzung über B 62 / B 3 bzw. durch den Ebsdorfer Grund zur Verfügung steht. Anders sieht es mit dem ersten Abschnitt aus. Da der Anschluss an die A 49 westlich von Treysa erfolgen würde, wäre dieser Abschnitt für die Verbindung Schwalmstadt­Kassel ziemlich funktionslos. Die B 454 im Bereich Wiera-Neustadt ist nicht geeignet, Verkehr von der Autobahn aufzunehmen. Dies hat auch ein Landwirt in seiner Einwendung gerügt. Da aber durch ein Missverständnis seine Klage nicht fristgerecht eingereicht wurde, kann dieser Aspekt im Rechtsverfahren nicht geklärt werden. Die Städte Marburg und Stadtallendorf müssen also selbst tätig werden, wenn sie das von ihnen nicht Gewollte wirklich verhindern möchten.

A4 Ersatz
Wieder in die Diskussion gebracht wurde eine West-Ost-Fernverbindung, diesmal in Form einer Bundesstraße als Ersatz für die früher geplante und verworfene A 4. Man sollte wissen, dass diese Bundesstraße ein Meter breiter wäre als die geplante Autobahn A 49. Die sich aus dieser Planung ergebende Verkehrsbelastungen in Kombination mit der A 49 sind -zumindest öffentlich- noch nicht dargestellt worden.

 

Alternativen
Es ist unbestritten, dass Bewohner in bestimmten Ortsdurchfahrten erheblich unter dem bestehenden Verkehr leiden. Dazu ist bereits gezeigt worden, dass die A 49 nicht geeignet ist, diese Problematik zu lösen. Die Kritiker der Planung haben Alternativen vorgestellt, die Ortsumgehungen (z.B. eine gemeinsame für Neustadt und Wiera) enthalten, eine Verbesserung der Main-Weser-Bahn, aber auch eine Neukonzeption der Verkehrspolitik, die Energieeinsparung und ökologische Belange stärker berücksichtigt.

 

ökologische Fragen, Landwirtschaft, Forstwirtschaft
Auf eine Darstellung der ökologischen Folgen (z.B. Zerschneidungswirkung, Versiegelung, Verlust landwirtschaftlicher Produktionsflächen, Grundwassergefährdung, Lärmzunahme, Verlust von Erholungsräumen, Gefährdung von Pflanzen und Tieren usf.) kann an dieser Stelle verzichtet werden da sie allgemein bekannt sein dürften. Spätestens seit 1981 weiß auch die Bundesregierung, dass die damals zu Rate gezogenen Fachleute auf diesem Gebiet, dringend empfohlen haben, auf neue Straßentrassen zu verzichten.

 

Finanzielle Aspekte
Bei den jüngsten finanziellen Nachforderungen an den Bundesfinanzminister waren laut Pressemeldungen vor allem die Entwicklungsministerin, die Bildungsministerin und der Verkehrs- und der Wirtschaftsminister beteiligt. Dass die Entwicklungsministerin das Geld, das von der Bundeskanzlerin bei der Konferenz in Heiligendamm zugesagt wurde, einfordert, ist selbstverständlich, dass ein Finanzminister aus einer Gesamtverantwortung die Verpflichtung hat, die Neuverschuldung zu stoppen, ebenfalls. Dass im Bereich Straßenbau nicht mit genügend Verantwortung umgegangen wird, ist wohl durch die bisherigen Anmerkungen nachvollziehbar. Neben berechtigten und nachvollziehbaren Projekten im Verkehrs- und Wirtschaftsbereich, ist in diesen beiden bereichen allerdings der Einfluss von Lobbygruppen nicht zu unterschätzen. Im Straßenbau werden zurzeit (Bericht des Verkehrsministeriums für die Mitglieder des Verkehrsausschusses, s.o.) 56% der Mittel (Tendenz steigend) dafür eingesetzt, die Funktionsfähigkeit des bestehenden Netzes zu erhalten. Jeder Neubau wird früher oder später zur Altlast. Dies sollte alle veranlassen, mit besonderer Sorgfalt, Forderungen nach neuen Trassen zu überprüfen.

 

betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Aspekte
Für bestimmte etablierte Betriebe dürfte eine nahe verlaufende Autobahn Vorteile beinhalten. Ihr Gewicht ist umstritten. Prof. Gather (s.o.) bezeichnet sie als marginal. Tatsächlich ist nicht zu erkennen, dass Betriebe in Treysa, Stadtallendorf und Kirchhain wegen des Fehlens einer Autobahn eine negative Entwicklung genommen hätten. Weiche Standortfaktoren (wie Bildungseinrichtungen und ein lebenswertes Wohnumfeld) gewinnen zunehmend, speziell für die Anwerbung hochqualifizierter Mitarbeiter, an Bedeutung. Betriebswirtschaftliche Vorteile sind nicht nur mit volkswirtschaftlichen Vorteilen (wie es das zitierte Expose nahe legt) verbunden. Wie gezeigt dürften die volkswirtschaftlichen (und globalen) Nachteile erheblich größer sein. Die Bundesrepublik Deutschland hat schon das dichteste Autobahnnetz der Welt.

Eine Reihe von Lobby-Organisationen, wie VDIK (Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller), der in einem Papier aus dem Jahr 2005 (5.52) „die traditionell gute Zusammenarbeit zwischen VDIK und Wirtschaftsministerium sowie Verkehrsministerium" anspricht, Pro Mobiltät (wo sich Autofirmen, Zementindustrie und ADAC zusammenfinden), GSV (Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung), mit deren Lobbyarbeit (trotz des wohlklingenden Namens) sich schon Panorama und Spiegel befasst haben, und auch der Arbeitskreis A 49 MitteHessen führen für ihre Arbeit in der Regel das Gemeinwohl an. Es scheint aber doch so, dass branchen- und betriebsspezifische Interessen im Vordergrund stehen. Diese Gruppen verfügen aufgrund ihrer finanziellen mittel über einen beträchtlichen Einfluss.

 

Juristische Aspekte
In einem Schreiben der Bundesregierung an die EG-Kommisssion vom 4.2.1992, das die deutsche Praxis der Straßenplanung erläutert, heißt es „Erst in den Planungsstufen der Linienbestimmung ... und Planfeststellung ..können ... die einzelnen Belange mit dem ihnen jeweils zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt werden, so dass über die Realisierbarkeit ....abschließend entschieden werden kann." Tatsächlich ist es aber praktisch ausgeschlossen, die Richtigkeit bzw. Tragfähigkeit einer Planung juristisch überprüfen zu lassen. Im Vordergrund der Betrachtung stehen Eingriffe in das grundgesetzlich gesicherte Eigentumsrecht und naturschutzrechtliche Belange.

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