Pressemitteilung des Marburger Bündnisses gegen TTIP

Das Marburger Bündnis gegen TTIP begrüßt die Ablehnung des Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA) durch die belgischen Regionen Brüssel und Wallonien ausdrücklich. Im Gegensatz zu vielen Kommentaren aus der Politik und den Medien hält das Marburger Bündnis das Vorgehen der beiden belgischen Regionen nicht für einen Rückschritt in Europa. Das Marburger Bündnis lehnt das vorliegende Abkommen ab, weil bisher die europäischen Bürger über demokratische Willensbildungsprozesse in den nationalen Parlamenten überhaupt nicht am Zustandekommen des Handelsabkommens beteiligt worden sind. Es wurde sechs Jahre lang ohne Mitsprache der Parlamente und der Zivilgesellschaft hinter verschlossenen Türen verhandelt. Auf Kritik wurde immer wieder nur mit Beschwichtigungen reagiert. Nun heißt es, man dürfe das Abkommen nicht mehr ablehnen, weil das die ‚Handlungsfähigkeit’ der EU gefährde. Das ist falsch und nicht hinzunehmen.   Wir fordern, dass Verhandlungen der EU mit internationalen Partnern künftig transparent und mit breiter parlamentarischer und zivilgesellschaftlicher Beteiligung geführt werden. Fehlentwicklungen müssen bereits während der Verhandlungsprozesse korrigiert werden können. Das würde auch dazu beitragen, dem immer größer werdenden Einfluss der Konzerne auf die Politik entgegenzuwirken.   Ein Handelsabkommen, das internationalen Großkonzernen ermöglicht, europäische Standards im Arbeitnehmer-, Umwelt- und Verbraucherschutz zu umgehen, kann von den europäischen Bürgern nicht für gut geheißen werden. Das vorliegende, bereits ausverhandelte Abkommen räumt privaten Großkonzernen das Recht ein, gegen Staaten Schadensersatzklage zu erheben, wenn sie der Auffassung sind, dass  durch gesetzlich festgelegte Arbeitnehmer-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards ihre Gewinne geschmälert werden. Vor allem durch dieses Sonderklagerecht, verharmlosend als „Investitionsschutz“ bezeichnet, gerät die Demokratie in ernste Gefahr.   Es ist niemandem vermittelbar, warum internationalen Konzernen, die mit uns Handel treiben, das Recht eingeräumt werden soll, gegen ihnen unliebsame Gesetze gerichtlich vorgehen zu können. Das Marburger Bündnis gegen TTIP hält deshalb das unter dem Druck der Anti-TTIP und Anti-CETA-Demonstrationen „entschärfte“ CETA-Abkommen mit seiner angedachten privilegierten Justiz für Unternehmen vor einem internationalen Handelsgerichtshof weiterhin für nicht annehmbar. Das Marburger Bündnis gegen TTIP ist der Auffassung, dass es in der Frage der Schiedsgerichte keinen Kompromiss geben kann. Die Schiedsgerichte und die damit verbundene Paralleljustiz müssen zwingend vom Tisch. Gesetze sind von jedermann einzuhalten. Jeder hat das Recht, bei Verstößen gegen geltende Gesetze die existierende Gerichtsbarkeit anzurufen.   Behauptungen, das Einhalten europäischer Standards führe zu Gewinneinbußen, sind nachweisbar falsch und werden als irreführende Propaganda gebrandmarkt. Es bleibt festzustellen, dass es in dem auf der Basis des Völkerrechtes ausgehandelten CETA-Abkommen keineswegs um die Freiheit des Handels zwischen der EU und Kanada geht. Zwischen der EU und Kanada gibt es keine nennenswerten Zollschranken und Handelshindernisse, wie immer wieder von interessierter Seite behauptet wird.   Es ist eine ökonomische Binsenweißheit, dass Märkte reguliert werden müssen im Interesse aller. Entfesselte Wirtschaftskräfte und international agierende Großkonzerne wie Banken und große IT-Unternehmen haben es an sich, Monopolstrukturen auszubilden, die von Nationalstaaten nicht mehr kontrolliert werden können. Ihre Regulierungsinstrumente sind einfach zu schwach. Auf Basis des Völkerrechtes müssten daher multilaterale Abkommen geschlossen werden, mit dem Ziel, die negativen und demokratiefeindlichen Auswüchse der Globalisierung einzudämmen. Handelsabkommen müssten einen international rechtsverbindlichen Rahmen für Arbeitnehmer-, Umwelt- und Sozialstandards schaffen und eine öffentliche Daseinsvorsorge jenseits von Profitinteressen garantieren. Es muss einen Ausgleich geben zwischen reichen und weniger wohlhabenden Staaten und Regionen. Der öffentliche Sektor muss ohne Wenn und Aber die Oberhand behalten und dem privaten Sektor den Rahmen seines Handelns vorgeben – und nicht umgekehrt.   (Reinhard Ahrens, Niederweimar, d. 27.10.2016)

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