02.02.22 –
Die Mitgliederversammlung der GRÜNEN Marburg-Biedenkopf hat am 27. Januar 2022 einstimmig eine Resolution zum Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) verabschiedet. Darin bekräftigen die GRÜNEN ihre bekannte Auffassung, dass die Privatisierung der Unikliniken falsch war. Zugleich ergeht die Aufforderung an Eigentümer und Politik, sich für gute Arbeitsbedingungen sowie eine ausreichende Forschung und Lehre stark zu machen. Die Resolution im Wortlaut:
UKGM: Patientenversorgung verbessern, Arbeitsbedingungen verbessern, Forschung und Lehre sichern
Die GRÜNEN im Kreisverband Marburg-Biedenkopf sind besorgt über die Entwicklungen am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) seit der Privatisierung – besonders am Standort Marburg. Die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und die sich verschlechternden Bedingungen für Forschung, Lehre und Ausbildung sind und waren für uns nicht hinnehmbar.
Für uns GRÜNE ist die Gewährleistung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung durch Krankenhäuser der Grund- und Maximalversorgung eine zentrale öffentliche Aufgabe, die durch sachgemäße gesetzliche Regelungen und eine angemessene Finanzierung durch Krankenkassen und Steuermittel zu gewährleisten ist. Dabei muss immer das Wohl der Patient*innen ein entscheidender Maßstab sein. Hier sehen wir Grüne seit vielen Jahren gravierende Mängel in der Art und Weise, wie Krankenhäuser und besonders Universitätskliniken finanziert werden. Eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung der Patient*innen und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten müssen den Vorrang vor überzogenen Wirtschaftlichkeitserwartungen haben.
- Für uns GRÜNE steht fest: Die Privatisierung des Uniklinikums war falsch, ist falsch und bleibt falsch! Durch die Privatisierung der zusammengelegten Universitätskliniken von Gießen und Marburg wurde das Problem der generellen Unterfinanzierung der Universitätsklinika in Deutschland weiter verschärft, indem anders als in den öffentlich finanzierten Universitätsklinika die notwendigen Investitionskosten zu Lasten der Personalausstattung finanziert werden musste und damit die Beschäftigungsbedingungen für die Beschäftigten sich weiter verschlechterten. Positive Auswirkungen auf Forschung und Lehre in der Medizin sind nicht erkennbar. Es war eine deutliche Fehleinschätzung, dass ein privatisiertes Klinikum auf Investitionsmittel vom Land Hessen verzichten kann. Die wiederholten Änderungen der Eigentümerstruktur, die zahlreichen Wechsel in der Geschäftsführung, die jahrelangen Auseinandersetzungen über die Auslegung des ursprünglichen Vertragswerks und die immer wieder neuen Verhandlungen über die Neuregelung der vertraglichen und finanziellen Beziehungen zwischen dem Land, den Universitäten und dem UGKM haben eine langfristig angelegte strategische Weiterentwicklung des Marburger Universitätsklinikums verhindert. Die vor anderthalb Jahren erfolgte Übernahme durch den Asklepios-Konzern und die daraus resultierenden Veränderungen haben letztlich dazu geführt, dass das Pflegepersonal einer ganzen Station gemeinsam zu einem anderen Arbeitgeber gewechselt ist – ein bundesweit einmaliger Vorgang. Dass Herr Höftberger als Aufsichtsratsvorsitzender sich provozierend in der Presse zu Wort gemeldet hat und kurz vor Weihnachten bei Beschäftigten und Wissenschaft Angst verbreitet hat, ist ein ungeheuerlicher Vorgang.
- Wir GRÜNE in Marburg-Biedenkopf halten perspektivisch an dem Ziel der Rückführung des Universitätsklinikum in Landesbesitz fest. Ohne eine Verkaufsbereitschaft der derzeitigen Eigentümer ist diese Möglichkeit jedoch vorerst nicht realisierbar.
- Wir GRÜNE begrüßen die intensiven Anstrengungen des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst und insbesondere unserer grünen Ministerin Angela Dorn für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Arbeit im Klinikum. Der jüngst verhandelte Letter of Intent über die Zusicherung von Investitionsmitteln durch das Land verknüpft mit weitreichenden Zusicherungen des Eigentümers bieten nun die Chance, über einen Zeitraum von 10 Jahren die Verhältnisse am UKGM positiv zu verändern. Die deutliche Erhöhung der Investitionszuschüsse des Landes auf eine knappe halbe Milliarde Euro über zehn Jahre verbessert die baulichen und technischen Rahmenbedingungen erheblich. Durch die gemeinsam mit der Universität aufzustellenden Projektliste für diese Investitionen wird der Einfluss der Universität verbessert und gesichert. Der vereinbarte Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen und Ausgliederungen von Betriebsteilen, oder die Übernahmegarantie von Auszubildenden erfüllen Forderungen der Beschäftigten. Genauso ist wichtig, dass das Land durch den Wiedererhalt der sogenannten Change of Control Klausel für zehn Jahre den Einfluss über einen möglichen Rückkauf wieder zurückerlangen soll und das Uniklinikum nicht zum Spielball der Interessen auf dem Finanzmarkt werden kann. Durch das Thesaurierungsgebot wird zudem sichergestellt, dass Gewinne am UKGM auch am UKGM verbleiben und nicht an Aktionäre ausgeschüttet werden.
- Wir GRÜNE im Kreis Marburg-Biedenkopf erwarten vom maßgeblichen Eigentümer Asklepius die nun verhandelten Vereinbarungen zum Wohl der Patient*innen und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie zur Verbesserung der Bedingungen für Lehre und Forschung nachhaltig und kooperativ umzusetzen. Und wir erwarten von unserer Ministerin Angela Dorn, aber auch von UKGM, Rhön und Asklepios sowie den Universitäten, dass die nun folgenden Gespräche zur Konkretisierung des Letter of Intent zügig und zielorientiert erfolgen, damit im Jahr 2022 die Investitionsmittel fließen können.
- Wir GRÜNE begrüßen die Absicht der Koalition im Bund, die Krankenhausfinanzierung auf den Prüfstein zu stellen. Und wir freuen uns besonders, dass die Finanzierung der Universitätskliniken zum allerersten Mal als eigenständige Aufgabe erwähnt wird.
- Wir fordern die grüne Bundestagsfraktion und die grünen Mitglieder der Bundesregierung auf, zügig die Reform der Krankenhausfinanzierung unter Berücksichtigung der besonderen Aufgaben der Universitätskliniken einzuleiten.
- Wir GRÜNE fordern alle kommunalen Gremien und Verantwortlichen auf, sich weiterhin für die Verbesserung der Bedingungen am UKGM einzusetzen.