„10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“ Ein globales und auch lokales Problem

Grüne holen Filmemacher Valentin Thurn nach Marburg/OB-Kandidatin Dr. Elke Neuwohner präsentierte Film und lud zur Diskussion

Marburg (). Mit seinem Dokumentarfilm „10 Milliarden – wie werden wir alle satt?“ geht Regisseur Valentin Thurn der Frage nach, wie eine auf diese gigantische Zahl wachsende Weltbevölkerung am Ende unseres Jahrhunderts noch ernährt werden kann. Auf Einladung von Oberbürgermeister-Kandidatin Dr. Elke Neuwohner und des Stadtverbands von Bündnis90/Die Grünen stellte er im Kino Cineplex am Freitagabend sein Werk vor, und stellte sich anschließend der Diskussion mit dem Publikum. Vor allem regionale Lösungen kamen dabei zur Sprache.

„Welche Themen sind in der Kommunalpolitik noch nicht so präsent?“ Das sei eine Frage, die sie sich im Vorfeld des Wahlkampfs gestellt habe, sagte Neuwohner in ihrer Begrüßung. Und Ernährung sei ein sehr wichtiges Thema, gehe es doch unter anderem schon bei der Schulverpflegung darum, für gesundes regionales Essen zu sorgen. Und der Film eigne sich besonders gut auf das Thema einzustimmen, zeige er doch die globalen Probleme ebenso wie zum Schluss regionale gelungene Ansätze, die jetzt schon praktiziert werden.

Natürlich knüpfe der Film an „Taste the Waste“ an, so Valentin Thurn. In diesem Werk hatte er aufgezeigt, dass in Industrienationen bis zu 50 Prozent an Lebensmitteln vernichtet werden. Und das sei eine der Reserven, die in der Zukunft genutzt werden könnten, die Ernährung der Weltbevölkerung zu gewährleisten.

Für seinen aktuellen Film ist Thurn um die Welt gereist. Zu Wort kommen Vertreter von industrieller Landwirtschaft, die auf Massenproduktion setzt, ebenso wie Befürworter regionaler Lösungen. Aufgezeigt wird auch, dass für erstere Düngemittel mittlerweile immer weniger werden, die Ressourcen in absehbarer Zeit erschöpft sind, ein Umdenken also schon deswegen nötig ist. Auch zeigt der Film, dass vor allem der hohe Fleischverbrauch in den Industrienationen zum Problem in den Entwicklungsländern wird, weil dort Großfarmer den Kleinbauern ihr Land wegnehmen, um darauf Futterpflanzen in großem Stil anzubauen.

Auch beim Saatgut, so wird in dem Film deutlich, sind viele Bauern in Entwicklungsländern von wenigen Produzenten abhängig. Hybridpflanzen wachsen zwar schneller, haben vielleicht auch mehr Ertrag, können aber nicht selbst vermehrt werden und sind beispielsweise bei Überschwemmungen nicht so widerstandsfähig, wie traditionelle Sorten.

Glauben die Produzenten wirklich, dass ihre Produkte besser sind?“, wollte Neuwohner wissen. „Die Wissenschaftler glauben wirklich, was sie sagen“, so die Antwort, aber die Konzerne seien natürlich auf Profit aus. Es sei nicht leicht gewesen, so Thurn, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, einzig Bayer sei offen gewesen. „Ihnen war klar, dass der Film kritisch wird, aber nicht „platt sie in die Pfanne zu hauen“. „Es gibt natürlich keine wirkliche Objektivität“, räumte Thurn ein, „aber ich habe das Ziel, dass Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen alle etwas mitnehmen.

„Ich weiß jetzt, dass ich mit jedem Einkauf mithelfen kann, dass die bald zehn Milliarden Menschen auf der Erde satt werden können“, sagt der Regisseur am Ende als persönliches Resümee in seinem Film. Er glaube, dass die Menschen mit ihrer Entscheidung an der Supermarktkasse für gute Lebensmittel Druck auf die Politik ausüben könnten. Und diese Meinung sei persönlich und keinesfalls „der erhobene Zeigefinger“, stellte Thurn klar. Er wisse, dass es für unterschiedliche Bereiche unterschiedliche Ansätze geben könne. In den Industrienationen seien technische moderne Methoden vielleicht die Lösung.

In Afrika beispielsweise könnten Kleinebauern aber, anders als hier Biolandwirte im Vergleich zu konventionell arbeitenden Kollegen, tatsächlich höhere Erträge ernten. Arbeitskraft sei ausreichend vorhanden und durch die Handarbeit könne dichter und auch unterschiedlicher angebaut werden. „Die Bauern in den Entwicklungsländern hängen schon genug an unserem Tropf.“ Seine „Heldin“ im Film sei entsprechend eine Bäuerin in Malawi, die angestoßen von einem Entwicklungshilfeprojekt auch Jahre danach noch in der Lage sei, durch den Anbau unterschiedlicher Gemüsesorten die Familie zu ernähren und auch noch auf dem Markt etwas zu verkaufen.

In Deutschland, so Thurn, könne sich jeder Bio leisten, allerdings stimme es, dass dann Verzicht auf Fleisch geübt werden müsse. Ihm schmecke nach dem Besuch von Massenzuchtbetrieben aber das 2,99-Hühnchen auch nicht mehr. „Es geht darum, den mentalen Bezug zum Essen zu stärken“. Nur 25 Prozent der Deutschen, interessiert, wo die Nahrungsmittel herkommen, weil der Preis immer noch an erster Stelle rangiere. Erst wenn hier ein Angleich vollzogen sei, werde sich etwas ändern.

Vegan oder Vegetarisch sei immer eine Lösung, in Indien sei dies auch traditionell, wenngleich der Film zeigte, dass auch dort immer mehr auf Fleisch gesetzt wird, mit den bekannten negativen Folgen. „Aber es gibt auch gutes Fleisch“, hob Valentin Thurn hervor. In der biologischen Landwirtschaft werde Vieh zur Pflege von Grünflächen eingesetzt und die seien im Kampf gegen den Klimawandel ebenso wichtig zu Reduktion von Kohlendioxid wie Wälder.

Dr. Elke Neuwohner verwies darauf, dass einige der guten Ideen, die der Film am Ende aufzeigt, im Kleinen auch schon in Marburg gelebt werden, beispielsweise der Anbau von Lebensmittel auf öffentlichen Flächen. Und unter den regionalen Protagonisten, die ihren Weg im Foyer des Kinos präsentierten war auch ein „SoLaWi“-Projekt. Das steht für solidarische Landwirtschaft. Bürgerinnen und Bürger finanzieren einen Landwirt und erhalten im Gegenzug saisonale Produkte für sich. Auch weitere Initiativen wie Foodsharing Marburg, Marburg Vergan, JUKO Marburg und die Initiative gegegn TTIP stellten ihre Projekte vor und diskutierten im Saal mit dem Regisseur und der Oberbürgermeister-Kandidatin.

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